Kuba recycled!
30.07.2018 von
Vermutlich ist Kuba eines der Länder dieser Welt mit relativ geringem Müllanteil pro Kopf. Nicht ganz freiwillig übrigens, sondern gezwungenermaßen – dem Mangel sei Dank! Er hat die Kubaner schon dazu gebracht Energie zu sparen als man anderswo das Thema noch belächelte! Heute sind Maßnahmen zu erneuerbaren Energien und die Wiederverwertung gebrauchter Rohstoffe aus dem kubanischen Leben nicht mehr wegzudenken, ja, sie sind für einige Kubaner lebensnotwendig geworden, denn sie bestreiten ihr Einkommen damit!
Rohstoffsammler
Die Kubaner sind im privaten Bereich Meister im Erfinden von Lösungen, beim Recyceln von Rohstoffen hingegen greift der Staat helfend ein! Allein in Havanna gibt es 54 Sammelstellen für gebrauchte Rohstoffe wie Altglas, Altpapier oder Aluminiummüll und somit für jedermann einfach zu erreichen. Die Preise sind staatlich festgelegt, jede Sammelstelle verfügt über eine Preistafel. Für Flaschen gibt es je nach Größe zwischen 1,50 und 2,50 kubanische Pesos pro Stück, das Kilo Altmetall aus Aluminiumdosen bringt dem Sammler immerhin 8 kubanische Pesos. Es sind vor allem ältere Kubaner, die man an den Sammelstellen sieht, wie sie auf selbsgebastelten Wägelchen oder Sackkarren Säckeweise Rohstoffmüll in Form von Kartonagen, Flaschen oder leeren Getränkedosen herbeibringen und mit dem Geld zufrieden wieder abziehen.


Dosensammler Luis, el Chino
Es sind Kubaner wie Luis, den alle wegen seines Aussehens nur "El Chino" nennen. Luis ist 57 Jahre alt und hauptberuflich Wächter einer Lagerhalle der staatlichen Eisenbahn. Doch die Arbeit beim Staat bringt nicht viel ein und die Wünsche seiner Kinder nach einem besseren Leben bleiben zumeist unerfüllt. Daher beschloss er eines Tages sich aufs Sammeln zu Verlegen. In seiner Freizeit zieht er nun durch den Ort und sammelt leere Dosen. Man findet sie überall, erzählt er mir, in Müllcontainern, bei Restaurants und in Parks, vor allem während Festtagen oder beim Karneval, der Hochzeit der Dosensammler! Einmal aufgesammelt müssen die Dosen später "platt" gemacht werden. Luis sitzt meist vor seinem Haus am Bürgersteig und erledigt die Arbeit mit einem Pflasterstein. So passen sie besser in die großen Säcke, meist Reissäcke, die irgendwo anders ganz zufällig verschwunden sind! Gefüllt bringen die Säcke gut und gerne 25 bis 30 Kilo auf die Waage – immerhin fast 250 kubanische Pesos oder 10 CUC, wie er mir vorrechnet.
"Antiquitäten"-Sammler
Auch eine Form des "Wiederverwertens" kann man an sonnigen Tagen nach einem längeren Regen im Zentrum Havannas beobachten. An solchen Tagen stürzen hier rund 2 bis 3 Häuser ein, konservativ geschätzt! Wenn das passiert und die Eigentümer ihr Hab und Gut gerettet haben, kommen sie, die "Wiederverwerter" und schlachten aus was nicht niet und nagelfest ist, um es später wieder an "Häuslebauer" zu verkaufen. Fenstergläser, Marmortreppen und Kacheln stehen ganz oben auf dem Wunschzettel. Aber oft findet sich auch noch ein altes Wählscheiben-Telefon oder Radio oder eine heilgebliebene Lampe. In der Belascoain-Straße findet sich ein solcher "Antiquitäten"-Laden mit Wiederverwertbarem, für manchen Sammler eine Goldgrube! Recycling in Kuba ist eben ein Volkssport und nachhaltig obendrein!
